Der Ozean als kraftvoller Verbündeter gegen den Klimawandel


GEOMAR erforscht marine Kohlenstoffsenken
Zehn Jahre nach dem Pariser Klimaabkommen steht die Weltgemeinschaft vor der drängenden Aufgabe, die globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen, um unsere Lebensgrundlage zu erhalten. Dafür reichen Emissionsminderungen allein nicht mehr aus. Zusätzlich muss bereits ausgestoßenes Kohlendioxid aktiv aus der Atmosphäre entfernt werden. Am GEOMAR erforschen Wissenschaftler:innen, wie der Ozean als größte natürliche Kohlenstoffsenke unseres Planeten dazu beitragen kann, (noch mehr) CO2 aufzunehmen und langfristig zu speichern.
Die Pariser Klimaziele verlangen, dass die Erderwärmung deutlich unter zwei, möglichst bei 1,5 Grad gehalten wird. Emissionsminderungen sind dafür unabdingbar. Doch Modellierungen zeigen: Selbst in optimistischen Szenarien werden wir nicht alle CO2-Emissionen vollständig verhindern können – etwa in der Zementherstellung, in der Abfallwirtschaft oder in Teilen der Landwirtschaft. Diese schwer vermeidbaren Emissionen müssen ausgeglichen werden. Dafür braucht es Verfahren, um CO2 aktiv aus der Atmosphäre zu entfernen und dauerhaft zu speichern. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass Ökosysteme dabei keinen Schaden nehmen.
Der Ozean übernimmt bereits eine riesige Aufgabe: Er hat einen großen Teil des vom Menschen verursachten CO2-Ausstoßes auf natürliche Weise gespeichert – mehr als ein Viertel der zusätzlichen Emissionen. Ohne diese unsichtbare Klima-„Dienstleistung“ wären die Temperaturen auf der Erde heute schon deutlich höher. Doch diese Aufnahme ist begrenzt, und sie hat Nebenwirkungen: Die Meere versauern.
Das GEOMAR untersucht Ansätze des Carbon Dioxide Removal (CDR), also der aktiven Entnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre, im Rahmen der gemeinsamen Forschungsmission CDRmare der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM) sowie in zahlreichen weiteren nationalen und internationalen Projekten.
Dabei geht es zum einen um die Frage, wie der natürliche Kohlenstoffkreislauf im Ozean funktioniert und wie er sich unter den Einflüssen des Klimawandels verändert. Zum anderen wird erforscht, mit welchen Methoden die CO2-Aufnahme des Ozeans gezielt verstärkt werden kann, ohne dabei marine Ökosysteme zu gefährden.
- Speicherung tief im Untergrund: Bei der Speicherung von Kohlendioxid unter dem Meeresboden (Carbon Capture and Storage, CCS) wird CO2 an der Emissionsquelle abgeschieden und anschließend unterirdisch gespeichert. Unter dem Meeresboden kommen dafür poröse Gesteinsschichten wie Sandstein- oder Basaltformationen in Frage. Dort bleibt das CO2 dauerhaft gespeichert, da es mit dem Gestein reagiert und chemisch gebunden wird.
- Wiesen und Wälder der Meere ausbauen: Küstenökosysteme wie Seegraswiesen, Mangroven oder Kelpwälder binden viel CO2, doch viele dieser Lebensräume sind bedroht und die Flächen stark zurückgegangen. Werden sie wiederhergestellt und geschützt, speichern sie Kohlenstoff langfristig – und fördern zugleich Artenvielfalt und Küstenschutz. Diese biologischen Methoden werden unter dem Begriff Blue Carbon Management zusammengefasst.
- Künstlich beschleunigte Verwitterung: Bei der Alkalinitätserhöhung im Ozean (Ocean Alkalinity Enhancement, OAE) werden alkalische Mineralien ins Oberflächenwasser des Ozeans gegeben. Dadurch kann mehr Kohlendioxid chemisch im Meerwasser gebunden werden, und gleichzeitig wird der Ozeanversauerung entgegengewirkt. Diese chemische Methode ahmt den natürlichen Prozess der Gesteinsverwitterung nach.
Weiterführende Links
GEOMAR
CDRmare


Einige Ansätze, wie die Wiederherstellung von Seegraswiesen, werden bereits in kleinerem Maßstab umgesetzt. Zu anderen Methoden liefern Experimente und Modellierungen bereits wichtige Entscheidungsgrundlagen. Sie zeigen, wo Maßnahmen besonders effektiv sein können, in welcher Größenordnung Lösungen denkbar sind oder welche möglichen Auswirkungen auf Ökosysteme es geben könnte.
Unsere Forschung zeigt: Der Ozean ist nicht nur durch den Klimawandel bedroht – er birgt auch Lösungen, die wir nutzen können, wenn wir verantwortungsvoll vorgehen. Marine Kohlenstoffsenken sind kein Allheilmittel, sie sind aber essentiell, um den Weg zum „Netto-Null“-Ziel zu ebnen.