Makroalgenfarmen im offenen Ozean, um CO₂ zu binden und fossile Brennstoffe zu ersetzen
Die frei schwimmende Makroalge „holopelagisches Sargassum“ wächst in vielen Regionen an der Meeresoberfläche. Während der Photosynthese nimmt sie große Mengen CO₂ auf. Das AWI-Startup MacroCarbon hat eine innovative Technik entwickelt, um Sargassum im offenen Ozean zu kultivieren, um CO₂ aus der Atmosphäre zu speichern und Biokraftstoffe, Biokohle und Carbon Black herzustellen, die fossile Brennstoffe ersetzen und Kohlenstoff dauerhaft binden. Das trägt wesentlich dazu bei, die im Pariser Abkommen festgelegte 1,5 °C-Marke zu erreichen.
In seinem jüngsten Bericht weist der Weltklimarat (IPCC) darauf hin, dass der anhaltende Anstieg der CO₂-Konzentration in der Atmosphäre eine der größten Hürden ist, um die Klimaziele des Pariser Abkommens zu erreichen und die globale Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen. Hierfür müssen wir laut IPCC sowohl unsere Emissionen drastisch reduzieren als auch zwischen 5 und 15 Gigatonnen CO2 pro Jahr aus der Atmosphäre entfernen – durch Carbon Dioxide Removal (CDR). Makroalgen, insbesondere schnell wachsende Arten wie die holopelagische Sargassum, haben großes Potenzial, riesige Mengen CO2 zu binden, da sie in weiten Teilen des offenen Ozeans mit geringem Nährstoffbedarf wachsen können. Die kohlenstoffreiche Biomasse kann dann in Produkte umgewandelt werden, mit denen fossile Energieträger in verschiedenen Industriezweigen ersetzt werden können. Dies trägt sowohl zur Reduktion von Emissionen als auch zum dauerhaften CDR bei, indem ein Teil des Kohlenstoffs in stabile Kohlenstoffformen wie Biokohle oder Ruß umgewandelt wird.
Das Startup MacroCarbon SL entwickelt Aquafarmen im offenen Meer, um pelagisches Sargassum und andere Makroalgenarten im subtropischen Atlantik zu kultivieren und effiziente modulare thermische Bioraffinerien aufzubauen, um sie in Biokraftstoffe und kohlenstoffreiche Materialien umzuwandeln. Holopelagisches Sargassum ist eine einheimische Art auf den Kanarischen Inseln, wo das Unternehmen seine erste 2000 m2 große Aquafarm betreibt. „Da Sargassum ihr ganzes Leben lang schwimmend wächst, brauchen wir keine teuren Kultivierungsleinen und Bojen wie bei der traditionellen Makroalgenzucht. Das senkt die Kosten der Biomasseproduktion und macht sie auf eine nachhaltigere Weise wettbewerbsfähig mit Landpflanzen für die Produktion von Biokraftstoffen”, sagt Gründerin und CEO Prof. Mar Fernández Méndez vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) und der Universität Bremen. MacroCarbon hat bereits die ersten Liter nachhaltiger Kohlenwasserstoffe aus Sargassum sowie Biokohle und Carbon Black (gezielt hergestellter Industrieruß) hergestellt, die einen hohen Anteil an Inertitit enthalten, einer Form von inertem (reaktionsträgem) Kohlenstoff, die zu einer dauerhaften Kohlenstoffbindung führt.
Jeder km2 Aquafarm bindet um die 12.000 Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr. Ziel ist es, dazu beizutragen, den CO2-Gehalt in der Atmosphäre zu reduzieren und Transport-, Chemie- und Bauindustrie zu defossilisieren, durch kosteneffektive Alternativen zu Produkten aus fossilen Rohstoffen. “In unserer Verarbeitungsanlage entfernen wir das Wasser aus den Makroalgen. Anschließend wandeln wir diesen Trockenbrei durch Pyrolyse in Gas um, um Biokohle zu gewinnen. Das synthetische Gas, das dabei entsteht, wird durch Methanpyrolyse in Carbon Black umgewandelt. Das aus diesem Schritt resultierende Gas wird dann mit Wasserstoff angereichert, um nachhaltigen Flugzeugtreibstoff, Meeresbiodiesel oder Bionaphtha für die Kunststoffproduktion herzustellen.” MacroCarbon hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2040 jährlich 100 Millionen Tonnen CO2-Emissionen zu binden. “Wir werden integrierte Lieferketten für den Anbau und die Verarbeitung von Sargassum-Algen entwickeln”, sagt Mar Fernández Méndez.
MacroCarbon SL ist eine Ausgründung des AWI und Carbonwave, die 2023 nach dem Gewinn der Carbon to Value Challenge der Bundesagentur für Sprunginnovationen SPRIND gegründet wurde. Das AWI arbeitet weiterhin mit MacroCarbon zusammen und entwickelt gemeinsam Überwachungs-, Berichts- und Verifizierungsstrategien sowie Grundlagenforschung zur Physiologie von Makroalgen und zur Rolle ihres Mikrobioms.