Katja Hinske

Photovoltaik und denkmalgeschützte Gebäude sind kein Widerspruch

Photovoltaikanlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden zu installieren, trägt zur Bekämpfung des Klimawandels bei. So können nachhaltige Energie erzeugt und der CO2-Ausstoß reduziert werden. Worauf bei der Installation zu achten ist, erzählt uns Niklas Albinius von der Beratungsstelle für bauwerkintegrierte Photovoltaik am Helmholtz-Zentrum Berlin.

Portrait Niklas Albinius
Portrait Niklas Albinius
Portrait Niklas Albinius
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privat

Herr Albinius, wie lassen sich Photovoltaik und denkmalgeschützte Gebäude zusammendenken?

Denkmalschützer:innen haben die wichtige Aufgabe, Denkmäler zu schützen. Dies beinhaltet nicht nur den Schutz vor Verfall oder Abriss, sondern auch den Schutz vor einer ‚ästhetischen Verschandelung‘ durch Photovoltaik. Die Photovoltaikbranche hat sich in den letzten Jahren jedoch rasend schnell weiterentwickelt. Mittlerweile wurden spezielle Sonderprodukte für unter Denkmalschutz stehende Gebäude entworfen, welche dem besonderen architektonischen Anspruch gerecht werden. Es wird also bereits seit langer Zeit intensiv daran gearbeitet, eine harmonische Verbindung beider Elemente herzustellen.

Der Gesamtgebäudebestand, der in Deutschland unter Denkmalschutz steht, ist relativ gering. Im Jahr 2021 waren es zwischen acht und zehn Prozent der Gebäude. Können denkmalgeschützte Gebäude überhaupt einen Teil zur Energiewende beitragen?

Ja, denn ein kleiner Beitrag ist auch ein Beitrag. Denkmalgeschützte Gebäude können als Leuchtturmprojekte besonders herausstehen und beispielsweise als Inspiration für weitere Photovoltaikanlagen dienen. Allerdings ist nicht jedes denkmalgeschützte Gebäude dafür geeignet. Vielmehr geht es um den Teil des Denkmalbestandes, der mit möglichst geringem Aufwand und bestenfalls ‚unsichtbar‘ solar aktiviert werden kann. Dabei gilt es den Charakter des Denkmals weder zu verändern noch zu gefährden. Dieser Punkt ist für Denkmalschützer:innen besonders wichtig. Für sie gilt auch häufig die Materialgerechtigkeit als oberstes Gebot. Materialgerechtigkeit bedeutet, dass in einer Sanierung das neue Material dem Alten entsprechen sollte. Dies ist natürlich bei Photovoltaik zunächst nicht möglich, weshalb Denkmalschutz und Photovoltaik manchmal als unvereinbar hingestellt werden.

Meiner Meinung nach kommt es hier hauptsächlich auf die Optik an. Wenn man den Begriff der Materialgerechtigkeit so interpretiert, dass das neue Material das gleiche Aussehen und die gleiche Funktion haben soll, könnte dies theoretisch auch mit speziellen Photovoltaikmodulen erreicht werden. Dies ist jedoch aktuell noch ein großer Streitpunkt zwischen der Solarbranche und vereinzelten Denkmalschützer:innen.

Wie kann eine solche ‚unsichtbare‘ Solaranlage aussehen?

Wir unterscheiden zwischen zwei Arten der ‚Unsichtbarkeit‘. Die erste Art besteht darin, dass die Photovoltaik-Module auf Dachflächen installiert werden, die von der Straße oder benachbarten Gebäuden aus nicht eingesehen werden können. Auf Flachdächern kann man dachparallel die Solarmodule quasi verschwinden lassen und auf Satteldächern haben wir meist nur aus einer gewissen Entfernung eine direkte Sichtachse. Die Fassade darf nur in sehr seltenen Fällen verändert werden, da sie besonders sichtbar ist und im Denkmalschutz aber als das ‚Gesicht des Gebäudes‘ betrachtet wird. Nur wenn die Fassade keine denkmalschutzrechtliche Relevanz aufweist, kann in Ausnahmefällen über eine Solarfassade diskutiert werden.

Bei der zweiten Art der ‚Unsichtbarkeit‘ sehen die Module nicht mehr wie herkömmliche Solarmodule aus. Stattdessen werden sie so gestaltet, dass sie in Form, Farbe und Oberflächenstruktur möglichst nah an das ursprüngliche Bauprodukt angepasst und in das Bauwerk integriert werden. Hier spricht man dann auch entsprechend von bauwerkintegrierter Photovoltaik, kurz BIPV. So können ursprüngliche Dachziegel durch z.B. Solardachziegel ersetzt werden, welche dann auch in einer direkten Sichtachse verbaut werden können, da sie optisch kaum von einem herkömmlichen Dachziegel zu unterscheiden sind.

Rote Module und Solardachziegel sind auf einem Spitzdach installiert.
Rote Module und Solardachziegel sind auf einem Spitzdach installiert.
Rote Module und Solardachziegel auf einem Dach (Schweiz)
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Megasol Energie AG
Rote Solarmodule an der Fassade des Labenwolf-Gymnasium
Rote Solarmodule an der Fassade des Labenwolf-Gymnasium
Installation von roten Solarmodulen an der Fassade des Labenwolf-Gymnasiums (Nürnberg)
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Matthias Merz

Wie können wir uns Photovoltaikmodule denn vorstellen?

Klassische Solarmodule haben ein Kachelmuster, bei dem sich die schwarzen oder dunkelblauen Zellen deutlich von der weißen Rückseite des Moduls, dem Backsheet, absetzen. Mittlerweile verwenden Hersteller auch dunkle Backsheets, so dass sich die Zellen weniger hervorheben und das Kachelmuster nahezu verschwindet. Die elektrischen Kontakte auf den Zellen, welche sonst als dünne silberne Linien zu sehen sind, können ebenfalls dunkel eingefärbt werden. Zuletzt kann auch der Alurahmen eine andere Farbe erhalten. Dadurch entsteht ein insgesamt dunkleres Modul und einzelne Zellen sind durch die gleichmäßige Färbung aus der Ferne kaum noch erkennbar.

Das größte Gestaltungspotenzial liegt jedoch beim Frontglas der Module. Das Glas kann gefärbt, strukturiert und bedruckt werden. Verschiedene Mattigkeiten sind ebenfalls möglich. Dadurch können Module fast jeden Werkstoff imitieren. Allerdings gibt es immer noch Einschränkungen, da mit Glas Naturmaterialien wie Holz oder Stein schwer authentisch nachzubilden sind. Hier gibt es allerdings immer wieder vielversprechende Prototypen, die diesen Materialien schon recht ähnlich sehen.

Eine Bedruckung oder Folierung des Moduls schränkt die Leistung jedoch ein und hat Einfluss auf den Wirkungsgrad. Homogen weiße Module haben die größten Leistungseinbußen von etwa 45 Prozent, während beispielsweise rote Solardachziegel in der Größenordnung von 20 bis 30 Prozent liegen. Forschende arbeiten bereits daran, diese Leistungsverluste zu minimieren.

 

Sind bauwerkintegrierte Lösungen denn überhaupt für die Bausubstanz von denkmalgeschützten Gebäuden geeignet?

Grundsätzlich hat die bestehende Bausubstanz wenig Einfluss auf die Installation einer bauwerkintegrierten Photovoltaikanlage. In der Regel werden solche Anlagen bei Bestandsgebäuden häufig nur im Rahmen einer größeren Sanierung umgesetzt, die sowieso anstehen. Muss beispielsweise ein altes Bauernhaus aufgrund von morschen Dachbalken statisch verstärkt werden, bietet es sich an, es im Rahmen einer denkmalgerechten Komplettsanierung so zu verstärken, dass auch eine bauwerkintegrierte Photovoltaikanlage installiert werden kann. Auf diese Weise können die Kosten der Photovoltaikanlage minimiert werden.

Altes Bauernhaus mit Solarmodulen auf dem Dach
Altes Bauernhaus mit Solarmodulen auf dem Dach
Altes Bauernhaus mit Solarmodulen auf dem Dach (Schweiz)
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Halle 58 Architekten GmbH

In der Investition ist bauwerkintegrierte Photovoltaik grundsätzlich teuer. Allerdings spart man herkömmliche Materialien und sogenannte Sowieso-Kosten ein. Das sind Kosten, die unabhängig von den Solarmodulen entstehen. Ein Beispiel: Im Falle einer Dachsanierung mit Photovoltaik kostet die übliche Dacheindeckung sowieso Geld. Wenn ich herkömmliche Photovoltaik-Module verwenden will und zusätzlich mein Dach neu mache, zahle ich ja sowieso Kosten für die neuen Ziegel. Diese Kosten fallen weg, wenn ich statt der Ziegel und Solarmodulen direkt eine integrierte Solaranlage verbaue. Der Effekt wird noch größer, wenn zunächst gar keine Solaranlage geplant war. Ein integriertes Solardach zahlt sich üblicherweise über den Zeitraum von 20 Jahren ab – ein herkömmliches Ziegeldach kann sich nie selbst abzahlen.

Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen an der Schnittstelle von Photovoltaikanlagen und denkmalgeschützten Gebäuden?

Eine effektive Kommunikation ist unerlässlich, um Hindernisse zu überwinden. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für erneuerbare Energien haben sich bereits wesentlich verbessert. In Berlin besteht jetzt eine Solarpflicht, die bei Neubauten und Sanierungen vorschreibt, dass 30 Prozent der Dachfläche für die solare Stromerzeugung genutzt werden müssen. Auf nationaler Ebene hat das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erneuerbare Energien zu einem ‚überragenden öffentlichen Interesse‘ erklärt, wodurch die Umsetzung einer Photovoltaikanlage grundsätzlich erstmal vor den Belangen des Denkmalschutzes steht.

Das Ziel ist es aber, Konflikte zwischen Bauherr:innen, Architekt:innen und Denkmalschützer:innen zu vermeiden. Je besser alle Beteiligten über Technologien, Vorschriften und Potenziale aufgeklärt werden, desto weniger Probleme wird es zukünftig bei Anträgen für Photovoltaikanlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden geben.

Gibt es Regionen in Deutschland, die Vorreiter in der Ausstattung von denkmalgeschützten Gebäuden mit Photovoltaik sind?

Deutschland ist generell noch ein schwieriges Pflaster. Gute Beispiele sind am besten im Ausland zu finden. Die Schweiz ist beispielsweise ein Vorreiter in Bezug auf gebäudeintegrierte Photovoltaik. In Deutschland sind in der Regel einzelne Kommunen aktiv bemüht, Denkmalschutz und Photovoltaik zu vereinen. Besonders Kommunen mit einem historischen Stadtkern, der unter Ensembleschutz steht, sind oft bestrebt, fortschrittliche Lösungen zu finden. Baden-Württemberg ist hierfür ein Beispiel. Dort gab es schon frühzeitig eine Solarpflicht, einen Leitfaden für gebäudeintegrierte Photovoltaik und insgesamt viele umgesetzte Photovoltaik-Projekte mit bauwerkintegrierten Modulen.

Beispiele für umgesetzte Photovoltaik-Projekte

Bei einer Dachsanierung in Zürich (Abb. 1 in Bildergalerie) ist die installierte Solaranlage unsichtbar, da sie nicht als solche zu erkennen ist. Ihre Terrakotta-Farbigkeit fügt sich perfekt in das Stadtbild ein. Es gibt keine Stückelung auf der Oberfläche, sondern eine homogene Fläche. Die Solaranlage ist komplett belegt und die Module sind matt. 

In Potsdam Babelsberg (Abb. 2 in Bildergalerie) präsentiert sich eine Solaranlage auf einem Dach, die nicht einsehbar ist. Sie ist rückseitig zum Hof installiert und die Solarziegel sind quasi verborgen, weil sie als Solar nicht zu erkennen sind.

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