Klimawissen
22.07.2025

Planetare Grenze Süßwassernutzung: Der Kreislauf zählt

steiniges Flussbett unter Wasser
steiniges Flussbett unter Wasser
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dam / Adobe Stock

Mikroorganismen, Pflanzen, Tiere – alle Lebewesen der Erde sind auf Wasser angewiesen. Entscheidend ist, dass es zur rechten Zeit am rechten Ort in der richtigen Menge und Qualität zur Verfügung steht. Dafür sorgt im natürlichen Gleichgewicht der weltweite Wasserkreislauf. Doch der Mensch greift massiv in den Kreislauf ein – mit dramatischen Folgen für Lebewesen und Umwelt.

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Darstellung der 9 Planetaren Grenzen 2023
Darstellung der 9 Planetaren Grenzen 2023
Darstellung der 9 Planetaren Grenzen
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Azote for Stockholm Resilience Centre, based on analysis in Richardson et al 2023

Wasser ist ein lebenswichtiges Element. Es transportiert Materie wie Mineralien, Nährstoffe oder Sauerstoff. Und es überträgt Energie zwischen verschiedenen Teilen des Erdsystems, etwa in Form von Wärme oder mechanischen Kräften. Ohne Wasser gibt es keine Photosynthese – den Prozess, bei dem Pflanzen Energie von der Sonne auf Kohlenstoffe übertragen. Ohne Wasser ist keine Atmung möglich – bei der die Energie nutzbar wird. Kurz: Ohne Wasser existiert kein Leben, wie wir es kennen.

Veränderter Wasserkreislauf

Der natürliche Kreislauf des Wassers, also die Verdunstung an der Erdoberfläche, Kondensation in der Atmosphäre, Niederschläge und Versickerung, ist Grundlage und Treiber vieler lebenswichtiger Prozesse – von der biomolekularen bis zur geophysikalischen Ebene. Doch der Mensch greift in diesen Kreislauf ein. Wissenschaftler:innen beobachten dramatische Veränderungen von Wasserläufen und Reservoirs im Vergleich zu deren vorindustriellem Erscheinungsbild. Sie untersuchen Oberflächengewässer und Grundwasser, die sie zusammen als ‘blaues Wasser’ bezeichnen. Und sie messen bodengebundene Feuchtigkeit, Verdunstung und Niederschläge, die zusammengenommen als ‘grünes Wasser’ bezeichnet werden. Der globale Wasserkreislauf umfasst beide Bereiche. Und Eingriffe des Menschen beeinträchtigen die Funktion sowohl blauer Wasserläufe als auch der grünen Wasserreservoirs in Boden und Luft.

Umverteilung durch den Menschen

Wasserentnahmen für Industrie oder Landwirtschaft reduzieren die Abflussmengen entlang bestimmter Gewässerabschnitte und können zu Tiefständen in Flüssen und Seen bis hin zum Austrocknen führen. Oft wird das entnommene Wasser genutzt, um Felder zu bewässern. Das erhöht die Bodenfeuchte in den bewässerten Gebieten über das natürliche Maß, während in flussabwärts gelegenen Landstrichen das Wasser fehlt. Diese Art von Umverteilung ist häufig zu beobachten auf und um besonders stark bewässerte Agrarflächen in Zentral- und Südasien, Ostchina, den westlichen Vereinigten Staaten und im Nildelta.

Um sie als Transportwege zu nutzen und um Überschwemmungen vorzubeugen, begradigen Menschen Flussläufe. Auen, die natürlichen Überschwemmungsgebiete entlang eines Flusslaufes, werden trockengelegt und verändern ihr Erscheinungsbild. Oft werden sie landwirtschaftlich genutzt. An vielen Stellen haben Menschen zudem Dämme errichtet, um Trink- und Nutzwasser zu speichern oder Energie aus der Strömung des Wassers zu gewinnen. Die Bauten beeinflussen die Dynamik des Flusses und seiner Umgebung und greifen damit tief in die dortigen Ökosysteme ein. Besonders stark vom Menschen geprägt wurde etwa der Lauf des Nils und das Nildelta, die Mündungsregion am Mittelmeer. In der Folge ist das Flusspferd (‘Nilpferd’), dessen Lebensraum die weitläufigen flachen Uferzonen darstellten, heute am gesamten Unterlauf ausgestorben. Innerhalb Europas gilt die albanische Vjosa als letzter naturbelassener Flusslauf. Auch Moore hat der Mensch großflächig trockengelegt, um die Flächen für Anbau und Viehzucht zu nutzen. In der Regel verursachen menschengemachte Veränderungen des Wasserhaushalts einen Rückgang der Artenvielfalt in den betroffenen Landschaften.

Klimawandel und Wasserhaushalt

Auch die sich ändernden Klimaverhältnisse beeinflussen den natürlichen Kreislauf des Wassers. Hitze und anhaltender Niederschlagsmangel führen immer häufiger zu Dürren – der Boden trocknet aus, Lebewesen im Boden und auf den Landoberflächen leiden. An anderer Stelle nehmen Niederschläge an Intensität zu. Es kommt zu Starkregen in Mengen, die kaum oder nicht versickern können und in der Folge zu Hochwasser, das ganze Landschaften überflutet. Flüsse und Seen verändern sich: Sie führen zeitweise besonders große oder besonders geringe Wassermengen, fließen schneller oder langsamer. Dabei führen sie unterschiedlich viel Sediment, gelöste Substanzen und Energie mit sich. Die Folgen zeigen sich auf allen Ebenen. Lokal und regional kommt es zu Trockenheit oder Überschwemmungen und langfristig verändern sich Ökosysteme – oft nimmt die Artenvielfalt ab. Regional und global werden die Folgen des veränderten Wasserkreislaufs wiederum als Wetter- oder Klimaereignisse spürbar für Mensch und Natur.