Ist vielleicht etwas anderes als der Mensch die Ursache?

Behauptung: „Trotz steigender CO2-Emissionen kühlte sich die Erde von 1945 bis 1975 ab“

Behauptung: Die Industrialisierung der Nachkriegszeit verursachte einen raschen Anstieg des weltweiten CO2-Ausstoßes – doch ab Mitte der vierziger Jahre erwärmte sich die Erde nicht, im Gegenteil! Etwa 30 Jahre lang stiegen die CO2-Emissionen schnell, aber die Temperatur fiel. Die IPCC-Aussage, hauptsächlich seien CO2-Emissionen für die Erwärmung im 20. Jahrhundert verantwortlich, ist also absurd.


Fakt ist: Die Erwärmungspause zwischen 1945 und 1975 spricht nicht gegen den menschengemachten Klimawandel. Damals überdeckten Aerosole den Effekt der CO2-Emissionen
Antwort

Antwort: Es gibt zahlreiche Faktoren neben Kohlendioxid, die das Klima beeinflussen. Ein wichtiger sind Aerosole in der Atmosphäre, beispielsweise Staubpartikel aus Vulkanen oder Kraftwerksschloten. Steigt ihre Konzentration, wird mehr Sonnenstrahlung zurück ins All reflektiert – dieses sogenannte „Solar Dimming“ hat Mitte des 20. Jahrhunderts den langfristigen Erwärmungstrend infolge des Treibhauseffekts überlagert. Schärfere Umweltauflagen haben den Aerosolausstoß dann aber wieder sinken lassen. Seitdem steigt die Temperatur der Erde steil an.

Obwohl die Temperatur im 20. Jahrhundert insgesamt anstieg, lassen sich drei Phasen deutlich unterscheiden: Zu Beginn wie auch zum Ende des Jahrhunderts erwärmte sich die Erde, doch von etwa 1940 bis 1975 kam es zu einer leichten Abkühlung. (Hingegen nahm die CO2-Konzentration in der Atmosphäre stetig zu, unterbrochen nur von einer kurzen Phase in den vierziger Jahren). Diese „Verschnaufpause“ beim Erwärmungstrend (siehe Abbildung 1) ist mit rund 30 Jahren zu lang, als dass sie mit interner Klimavariabilität etwa durch das El-Niño-Phänomen oder durch Sonnenzyklen erklärbar wäre.

Abbildung 1: Die rote Kurve zeigt die Veränderung der Erdmitteltemperatur im 20. Jahrhundert, eingezeichnet ist außerdem die CO2-Konzentration in der Atmosphäre (grün – laut Eisbohrkernen, die am Law Dome in der östlichen Antarktis entnommen wurden, blau – laut direkten Messungen auf Mauna Loa/Hawaii;  Quellen: GISS, CDIAC, NOAA 

Die Temperaturänderungen im Laufe des 20. Jahrhunderts sind eine gute Gelegenheit, die Bedeutung verschiedener Einflüsse auf das Klima der Erde zu verstehen. Die Konzentration von Kohlendioxid (oder auch anderen Treibhausgasen) in der Atmosphäre ist nämlich nicht der einzige Klimafaktor. Auch die Sonne hat einen Einfluss aufs Klima, der allerdings im Laufe des vergangenen Jahrhunderts immer stärker von menschengemachten Treibhausgasen überlagert worden ist. Ein wichtiger Faktor sind auch Aerosole in der Stratosphäre, also kleine Tröpfchen oder Staubpartikel, die etwa durch Vulkanausbrüche dorthin gelangt sind. Sie reflektieren Sonnenstrahlen zurück ins All und verursachen so eine Abkühlung.

Mit genau einer solchen Verdunkelung der Sonne durch Aerosole lässt sich die leichte Abkühlung in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts sehr gut erklären. Die wichtigste Rolle spielte dabei wahrscheinlich die steigende Konzentration von Sulfat-Teilchen, für die es zwei Ursachen gab:

Der gestiegene Aerosolgehalt führte dann zur beobachteten Abkühlung.

Schweizer Forscher haben vor einigen Jahren detailliert den Einfluss der Aerosoleauf die globalen Temperaturen untersucht (Wild 2007) beginnend im Jahr 1958 (vorher gab es keine flächendeckenden Messungen der Sonneneinstrahlung). Sie entdecken eine Phase „solarer Verdunklung“ (engl. „solar dimming“) bis Mitte der achtziger Jahre, gefolgt von einer Phase leichter „Aufhellung“ (engl. „brightening“). Während die Erderwärmung in der Phase der Sonnenverdunklung nur mäßig verlief, beschleunigte sie sich in den darauffolgenden Jahrzehnten, in denen es keine Verdunklung mehr gab.

Abbildung 2: Schwankungen der global gemittelten Landtemperaturen von 1958 bis 2002, bis Mitte der achtziger Jahre war die Sonne durch Aerosole verdunkelt, danach hellte sich die Atmosphäre auf; Quelle: Wild 2007

Um die Auswirkungen der Verdunkelung und Aufhellung von denen des Treibhauseffekts zu unterscheiden, betrachteten die Forscher den Tagesverlauf der Temperaturen genauer. Logischerweise wirkt sich die Sonneneinstrahlung stärker auf die Höchsttemperaturen am Tag aus als auf die Tiefsttemperaturen in der Nacht. Letztere werden eher vom Treibhauseffekt beeinflusst. Bei der Analyse fiel auf, dass die Tageshöchsttemperaturen in der Verdunkelungsphase zwischen 1958 und 1985 sanken – wie es zu erwarten ist, wenn weniger Sonnenlicht die Erdoberfläche erreicht und aufwärmt. Auffälligerweise stiegen jedoch die nächtlichen Tiefsttemperaturen während dieser Verdunkelungsphase – der tags von der Sonnenverdunkelung überlagerte Treibhauseffekt kam also nachts zur Wirkung. Ab 1985 zeigte sich dann auch bei den Tagestemperaturen eine deutliche Verstärkung der Erwärmungstendenz, die beinahe mit jener in der Nacht vergleichbar war (wenn auch nicht ganz).

Die globale Verdunkelung kaschierte also bis Mitte der 1980er Jahre die Erwärmung durch den Treibhauseffekt. Nachdem die Atmosphäre aufklarte (bessere Filteranlagen in Kraftwerken und Fabriken der Industriestaaten ließen zum Beispiel den Ausstoß von Sulfat-Aerosolen deutlich sinken) und die Verdunkelung verschwand, trat die globale Erwärmung voll in Erscheinung.  Der kumulative Effekt gestiegener Treibhausgas-Konzentrationen gewann daher in den 1970er Jahren langsam die Oberhand, und die Temperaturkurve stieg steil an.

Anne-Marie Blackburn & John Cook/klimafakten.de  August 2010, zuletzt aktualisiert: August 2021