Der CO2-Fußabdruck: Was er bedeutet und was er bewirken kann

Menschen und ihre Aktivitäten hinterlassen Spuren in der Umwelt. Sie verursachen zum Beispiel den Ausstoß von Treibhausgasen, die zur Erderwärmung beitragen. Der CO2-Fußabdruck bildet die Summe aller Treibhausgasemissionen ab, für die eine Organisation, ein Produkt oder ein Mensch verantwortlich ist - direkt oder indirekt. Genau genommen müsste er also Treibhausgas-Fußabdruck heißen. Gase wie Methan oder Lachgas werden bei der Berechnung des Fußabdrucks aber in die entsprechende Menge CO2 mit derselben Wirkung umgerechnet.

Der CO2-Fußabdruck eines Unternehmens oder einer Person ist dadurch direkt mit dem anderer vergleichbar und ein anschauliches Maß für den Beitrag zur Erderwärmung. Für Unternehmen setzt er sich aus den Emissionen eigener Gebäude, Anlagen und Fahrzeuge sowie denen zusammen, die bei der Produktion von verbrauchtem Strom oder Wärme anfallen. Außerdem zählen dazu Emissionen vor- und nachgelagerter Prozesse, wie der Gewinnung von Rohstoffen, eingekaufter Dienstleistungen bis hin zur Entsorgung verkaufter Produkte.

Gerade bei produzierenden Unternehmen machen diese vor- und nachgelagerten Prozesse einen großen Teil des CO2-Fußabdruckes aus. Die Berechnung ist deshalb ein aufwendiges Unterfangen. „Seine Größe zu kennen, hilft den Unternehmen aber, das Bewusstsein dafür auf allen Ebenen der Organisation zu verankern und den Fußabdruck durch geeignete Maßnahmen gezielt zu verkleinern“, erklärt Wolfgang Berger von der DFGE – Institut für Energie, Ökologie und Ökonomie. Die DFGE wurde 1999 als Spin-Off der Technischen Universität München gegründet und unterstützt Unternehmen darin, ihre CO2- oder Nachhaltigkeitsbilanz zu erstellen und zu verbessern.

Die Berechnungen zeigt Unternehmen, in welchen Bereichen die meisten Emissionen anfallen, welche Abläufe sie also mit höchster Priorität verändern sollten. Und sie motiviert, Zulieferer auszuwählen, die ebenfalls möglichst emissionsarm produzieren. Die vielen kleinen Beiträge zum CO2-Fußabdruck detailliert zu kennen, schafft auch finanzielle Transparenz, erklärt Berger: „Bei jeder Überlegung können die Unternehmen konkret ermitteln, wieviel es sie kostet, ein Verfahren oder ein Vorprodukt durch ein anderes zu ersetzen.“

Rechtlich ist der CO2-Fußabdruck - auch CO2-Bilanz genannt - für die nicht-finanzielle Berichterstattung der Unternehmen relevant. Große, börsennotierte Unternehmen sind schon heute nach EU-Richtlinie verpflichtet, über die Nachhaltigkeit ihres Wirtschaftens zu berichten. „Ihre Bemühungen, CO2-Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu reduzieren, üben Druck auf die zuliefernden Unternehmen aus“, sagt Berger.  In den kommenden Jahren werden in Deutschland schrittweise auch immer kleinere Unternehmen dazu verpflichtet, Nachhaltigkeitsberichte zu veröffentlichen. „Mit der Ausweitung der Berichtspflicht wird dieser Druck zunehmen, auch Zulieferer außerhalb der EU können sich dem nicht einfach entziehen.“

Und der CO2-Fußabdruck ist nicht nur von Interesse für Unternehmen untereinander. In den Niederlanden müssen Unternehmen, die auf öffentliche Ausschreibungen hin Bauleistungen anbieten, in ihren Plänen den CO2-Fußabdruck ihres Projektes ausweisen. In Frankreich muss in Angeboten für Photovoltaik-Anlagen, die auf öffentliche Ausschreibungen hin abgegeben werden, die Größe des CO2-Fußabdruck angegeben sein. So wird der CO2-Verbrauch zu einem klar ersichtlichen Auswahlkriterium neben dem finanziellen Preis. Auch für die EU-Taxonomie, die nachhaltige Investitionen kennzeichnet, zählt die CO2-Bilanz eines Unternehmens. „So steigt der Druck auf allen Ebenen des globalen Wirtschaftssystems und rückt das Thema Treibhausgasemissionen immer stärker in den Fokus“, sagt Berger.

Wie jedem Produkt kann auch Solaranlagen ein CO2-Fußabdrucks zugeschrieben werden. In dessen Berechnung fließt der gesamte Lebenszyklus ein: Wieviel Emissionen entstehen während der Herstellung und des Transports - auch der Rohstoffe und einzelner Bauteile, wie viel während der Nutzung und wieviel für die Entsorgung? „Die CO2-Bilanz für ein Produkt zu erstellen, ist vergleichbar aufwendig wie für ein ganzes Unternehmen“, sagt Berger. Denn jeder Schritt der Wertschöpfungskette muss möglichst präzise zugewiesen werden. „Dabei treten viele Allokationsprobleme auf: In welchem LKW wurde das Rohmaterial angeliefert? Welcher Anteil der Forschung und Entwicklung, des Marketings und des Vertriebs im Unternehmen entfällt auf dieses eine Produkt?“, erklärt Berger die Herausforderungen der Bilanzierung. „Darüber hinaus gibt es eventuell Koppelprodukte, etwa wenn Abwärme aus der Herstellung genutzt wird. Die ist dann gegenzurechnen“ Eine Schwierigkeit für europäische Unternehmen besteht zudem darin, dass Werte für einen Unternehmens- oder Produkt-Fußabdruck, den außereuropäische Zulieferer ihnen übermitteln, kaum nach den hiesigen Standards überprüft werden können. „Der Aufwand für so eine Prüfung wäre genauso groß wie für Erstellung des Fußabdrucks - und schon dafür haben wir heute kaum genügend Fachleute im Land“, sagt Wolfgang Berger.  

Für Verbraucherinnen und Verbraucher sind in erster Linie die CO2- Fußabdrücke von Alltagsgegenständen von Interesse: Für ein Fahrrad beträgt er im Durchschnitt unter 200 Kilogramm, für ein Auto mehrere Tonnen. Bei Lebensmitteln schlagen regionale und saisonale Produkte oft mit vergleichsweise wenig CO2 zu Buche; die Ananas, die per Flugzeug nach Deutschland gebracht wird, hinterlässt dagegen einen deutlich größeren CO2-Fußabdruck. Und bei Bekleidung macht das Waschen während der Nutzungsphase einen großen Teil des Fußabdrucks aus. Nicht immer ist der CO2-Fußabdruck allerdings der einzige oder aussagekräftigste Anhaltspunkt um zu erkennen, wie umwelt- oder klimafreundlich ein Produkt ist. Textilien beanspruchen beispielsweise für die Herstellung des Rohstoffs Baumwolle große Landflächen und Wassermengen.
 

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