19.07.2021
Manuel Berkel

Was ein Klimanotstand für Kommunen bedeutet

Städte und Gemeinden spielen eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung des Klimawandels. Viele von ihnen rufen den Klimanotstand aus. Wie sich die Resolutionen juristisch auswirken, bleibt aber oft ungewiss. Eine neue Kurzübersicht der Helmholtz-Klima-Initiative ordnet mögliche rechtliche Konsequenzen ebenso ein wie den zu erwartenden Nutzen und typische Inhalte. 

Im Hitzejahr 2019 machte Konstanz den Anfang, inzwischen haben über 70 deutsche Kommunen den Klimanotstand ausgerufen. In vielen Bereichen gestalten Gemeinden Klimaschutz und Klimaanpassung ganz konkret mit: Verkehr, Energie, Stadtentwicklung, Gebäude und Wasserversorgung. Doch als Teil der Exekutive sind Gemeinden an unterschiedlichste gesetzliche Vorgaben gebunden.

Wie diese mit einem „Notstand“ zu vereinbaren sind, stellt Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern vor zahlreiche juristische Fragen. Dürfen Notstandsbeschlüsse zum Beispiel vorschreiben, dem Klimaschutz unbedingte Priorität einzuräumen, wenn etwa ein neues Baugebiet ausgewiesen werden soll?

Eine gut verständliche rechtliche Einordnung bietet nun eine neue, zehnseitige Publikation zum kommunalen Klimanotstand  der Helmholtz-Klima-Initiative. Erstellt haben sie Wissenschaftler des Climate Service Center Germany (GERICS) am Helmholtz-Zentrum Hereon und der Universität Hamburg.

Portrait Dr. Markus Groth vom Climate Service Center Germany (GERICS)
Portrait Dr. Markus Groth vom Climate Service Center Germany (GERICS)
Wirtschaftswissenschaftler Dr. Markus Groth
©
Climate Service Center Germany

„Unsere Übersicht zum Thema kommunaler Klimanotstand soll in der Praxis zu einem besseren Verständnis der möglichen rechtlichen Wirkungen von Klimanotstandsbeschlüssen, aber auch ihrer politischen Möglichkeiten beitragen“, sagt GERICS-Mitarbeiter Markus Groth. Der Ökonom berät Kommunen zur Klimapolitik und stößt dabei auf anhaltend großes Interesse am Ziel der Klimaneutralität und der Rolle von Klimanotstandsbeschlüssen.

Inhalte von Klimaresolutionen

In ihrer Kurzübersicht haben die drei Autoren zunächst typische Inhalte von Beschlüssen zum Klimanotstand zusammengefasst:

  • Die Feststellung, dass dringender politischer und praktischer Handlungsbedarf besteht und die bisher ergriffenen Klimaschutzmaßnahmen nicht ausreichen.
  • Die Definition von Zielen wie denen des Pariser Klimaabkommens oder beispielsweise einer CO2-Reduktion bis 2050 um 95 Prozent.
  • Die Ankündigung, eigene Maßnahmen zum Klimaschutz zu verstärken.
  • Teilweise sollen bei künftigen Beschlüssen Auswirkungen auf das Klima benannt werden.
  • Aus manchen Resolutionen geht die Verpflichtung hervor, bei Entscheidungen der klimafreundlicheren Lösung den Vorrang einzuräumen.

Mit Blick auf die Befugnisse von Gemeinden erinnern die Autoren daran, dass Kommunen auch durch Notstandsresolutionen natürlich nicht von der Bundes- und Landesgesetzgebung abweichen dürfen. Beim Aufstellen von Bebauungsplänen zum Beispiel müssen Kommunen unterschiedliche Gründe abwägen und sich dabei nach dem Baugesetzbuch des Bundes richten. Legitim sind dagegen besonders solche Inhalte von Resolutionen, die sich auf Aufgaben von Gemeinden beziehen. Für Veranstaltungen und öffentliche Einrichtungen können Rathäuser etwa Ökostrom bevorzugen.

Mehr als Symbolpolitik

„Aus rechtlicher Sicht handelt es sich bei Beschlüssen zum Klimanotstand eher um eine Art Selbstverpflichtung der Kommunen. Klimaresolutionen nur als wirkungslose Symbolpolitik abzutun, greift aber zu kurz“, sagt Groth. „Das Ausrufen des Klimanotstands kann ein guter Weg sein, um Menschen vor Ort für den Klimaschutz zu mobilisieren.“

Entscheidend für klimapolitische Initiativen in Kommunen mit geringen personellen Ressourcen ist häufig, ob sie sich praxisnah umsetzen lassen. Dazu möchte die Kurzübersicht zum kommunalen Klimanotstand der Helmholtz-Klima-Initiative einen Beitrag leisten. GERICS-Wissenschaftler Markus Groth sagt: „Erste Beispiele zeigen, dass Beschlüsse zum Klimanotstand für Gemeinden ein guter Ausgangspunkt sind, um ihren Weg zur Klimaneutralität genauer zu bestimmen.“

Die zehnseitige Publikation „Kommunaler Klimanotstand – Eine Kurzübersicht aus rechtlicher Perspektive“ beinhaltet ebenfalls eine Zusammenfassung der Kernaussagen.

Passende Klimaschutzpfade für Städte erforscht die Helmholtz-Klima-Initiative auch in ihrem Cluster Netto-Null-2050 . Auf der Website netto-null.org  gibt es bereits erste Beispiele von Städten auf dem Weg zur Klimaneutralität sowie Links zu unterstützenden Initiativen. Das Klima-Bündnis hat beispielsweise eine Vorlage für Klimanotstandsresolutionen erstellt und die Erklärungen seiner Mitglieder gesammelt.

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